Mahmoud, der in einem Dorf südlich von Hebron lebt, spricht über die Gräuel, die Israel in einem »langsamen Völkermord« in Westjordanland begeht.
»Jeden Tag gibt es eine neue Abrissaktion. Jeden Tag nehmen die Siedler uns mehr und mehr Land. Jeden Tag gibt es Gewalt.«
Der Gazastreifen ist nicht der einzige Schwerpunkt des israelischen Terrorregimes. Im Westjordanland zerstören Siedler und die israelische Besatzung das Leben der Palästinenser. Mahmoud lebt in Umm al-Khair, einem Dorf südlich von Hebron, der größten Stadt im Westjordanland. Er berichtet, Israel betreibe einen »langsamen Völkermord« im Westjordanland. Er war Zeuge, wie ein Siedler jemanden aus seinem Dorf ermordete. »Es gibt keine Infrastruktur, kein Wasser, keine Elektrizität, keine grundlegenden Menschenrechte,« sagte er gegenüber der britischen Zeitung Socialist Worker. »Die Menschen brauchen Bildung und Gesundheitsversorgung – aber das gibt es hier nicht.«
Umm al-Khair liegt in Zone C, dem größten der drei Gebiete im Westjordanland, das Israel vollständig kontrolliert. »Alle Häuser der palästinensischen Bevölkerung in Zone C werden abgerissen. Jeden Tag, wenn die Menschen aufwachen, fragen sie sich, ob heute ihr Haus zerstört wird.« In den letzten drei Jahren, so Mahmoud, haben israelische Siedler mehr als 381.000 Quadratkilometer palästinensisches Land im Area C gestohlen. »Wenn die Siedler kommen, nutzen sie ihre Macht, um uns zu vertreiben.«
Polizei steht auf der Seite der Siedler
Da die Zone C vollständig unter israelischer Kontrolle steht, können Palästinenser nur die israelische Polizei anrufen. »Wir rufen die Polizei, aber die eigentliche Entscheidungsmacht liegt in den Händen der Siedler; Polizei und Armee versuchen, die Siedler vor uns zu schützen. Wenn wir sie rufen, lassen sie sich viel Zeit, bevor sie erscheinen, um die Siedler zu stoppen.
Wir haben einen Bescheid des israelischen Gerichts, dass dies ein Gebiet für die palästinensische Bevölkerung ist. Sie können uns nicht auf legalem Wege vertreiben, also benutzen sie illegale Methoden. Vor einem Monat entdeckten wir, dass Siedler eine neue Farm auf unserem Land errichteten. Wir haben versucht, sie auf gewaltfreie Weise zu stoppen, und haben die Polizei gerufen. Es dauerte zwei Stunden, bis die Polizei erschien; in der Zwischenzeit wurden die Siedler gegen uns gewalttätig.
Die Soldaten kamen und logen, um die Siedler zu schützen, und erlaubten uns nicht, die neue Farm auf unserem Land zu entfernen. Als die Polizei kam, forderte sie die Siedler auf zu gehen; die Zivilverwaltung sagte ihnen, dies sei palästinensisches Land. Zwar zogen die Siedler ab, kamen aber in der Nacht zurück und versuchten, ihr Werk zu vollenden. Wir haben erneut die Polizei gerufen, aber sie hat die Aktionen der Siedler nicht unterbunden.«
Siedlergewalt herrscht
All dies wird durch brutale Siedlergewalt gestützt. Mahmoud beschrieb einen Fall: die Ermordung von Awdah Hathaleen, einem Aktivisten und Mitwirkenden an dem Dokumentarfilm No Other Land.
»Am 28. Juli 2025 hat ein Siedler mit einem Bulldozer versucht, auf unser Land zu kommen. Die Bewohner des Dorfes versuchten, den Bulldozer aufzuhalten – dann kam der Siedler heraus und begann zu schießen. Er erschoss eine Person aus dem Dorf und tötete sie.« Der Siedler tötete Hathaleen.
»Dann kamen die Soldaten, um die Siedler zu schützen. Als dann die Polizei erschien, verhaftete sie 18 Menschen aus unserem Dorf.« Ein israelisches Gericht entschied, dass der Siedler Yinon Levi in »Selbstverteidigung« gehandelt hat. Er wurde für drei Tage unter Hausarrest gestellt und dann wieder freigelassen.
»Die israelische Armee hielt Awdahs Leiche zehn Tage lang zurück. Wir baten darum, ihn auf unserem Land begraben zu dürfen, aber die israelischen Streitkräfte sagten, wir müssten ihn in Hebron begraben oder in der Nacht im Dorf mit nicht mehr als 15 Personen. 60 Frauen sind daraufhin in den Hungerstreik getreten, um sich gegen die Entscheidung der Armee zu wehren, die Leiche einzubehalten und die Menschen aus unserem Dorf zu verhaften. Nach 10 Tagen ließen sie uns ihn dort begraben, wo der Siedler ihn ermordet hatte.«
Israelischer Staat schützt Siedler
Diese brutale Gewalt und das Morden werden vom israelischen Staat geschützt. Das klare Ziel des Siedlerregimes ist es, das gesamte Westjordanland zu kolonisieren – das heißt, alles zu zerstören, was die Palästinenser zum Überleben brauchen, um sie zum Verlassen des Landes zu zwingen.
»Israel verübt jetzt einen ‚langsamen Völkermord‘ im Westjordanland. Sie töten in Gaza, aber im Westjordanland machen sie es langsam. Mit ihrem gesamten Vorgehen versuchen sie, uns zu zwingen, unser Land zu verlassen. Sie kommen und versuchen, die Wasserleitungen zu kappen. Sie stehlen uns Ressourcen, Wasser und Strom, und nutzen unsere Ressourcen, um ihre Hühnerfarmen mit Strom zu versorgen.« Zudem verweigert Israel den Palästinensern den Bau neuer Häuser. »Du brauchst eine [israelische] Genehmigung, also musst du nach Israel gehen, aber Israel gibt dir keine Genehmigung – sie lassen dich dein eigenes Land nicht nutzen. Man darf keine Stromleitungen verlegen, und es ist auch verboten, Wasserleitungen zu verlegen.«
Mahmoud sagte, all dies führte dazu, dass Menschen wie er vom Land in die großen Städte wie Hebron, Ramallah und Jenin abgedrängt werden. »Unser Lebensunterhalt hängt von den Schafen und Ziegen ab, aber Israel hindert uns daran, unsere Schafe zu füttern, und lässt uns kein Wasser für die Schafe und Ziegen oder für die Menschen nutzen. Wir werden daran gehindert, ein Beduinenleben zu führen, aber die Siedler dürfen dies. Die israelischen Kolonialisten machen das Leben der Menschen im Westjordanland zu einem harten, zu einem elendigen Leben, so dass die Menschen jeden Tag nur unter Qualen ihre Lebensbedürfnisse sicher stellen können.«
Israels Verbrechen bestehen nicht allein aus dem barbarischen Völkermord in Gaza. Sein gewalttätiges, koloniales Projekt im Westjordanland ist Teil desselben Regimes zur ethnischen Säuberung ganz Palästinas.
Zuerst erchienen in Socialist Worker am 21. August 2025. Übersetzung von Francis Byrne, Köln.
Bild aus Socialist Worker.