Am 3. Oktober demonstrierten Tausende unter dem Motto »Nein zu Kriegspolitik und Militarisierung – Ja zu Frieden und Abrüstung« in Berlin und Stuttgart. Von Anni Fender, Christine Buchholz (Berlin) und Taner Kumpirci (Stuttgart)
Die Protestierenden in beiden Städten setzten ein wichtiges Zeichen gegen die massive Aufrüstung, die Wehrpflicht und den Genozid in Gaza. Nach Angaben der Veranstalter beteiligten sich in Berlin 20.000, in Stuttgart 15.000 Menschen. Auf den Demonstrationen waren verschiedene Parteien und politische Organisationen vertreten.
Linkspartei, Solid, MLPD, BSW, SDAJ, DKP, DIDF, Mera 25 Friedensorganisationen wie IPPNW, DFG-VK, die Kampagne »Rheinmetall entwaffnen«, verschiedene Akteure der Palästina-Bewegung, antifaschistische Gruppen, kurdische Gruppen, dazu einzelne Aktive und Arbeitsgemeinschaften innerhalb von Ver.di, GEW und IG Metall, die einen Block formierten.
Genozid in Gaza und Wehrpflicht im Fokus
Der Genozid in Gaza spielte eine größere Rolle als bei der Anti-Kriegs-Demonstration am »Tag der Deutschen Einheit« in Berlin im Vorjahr. Die Komplizenschaft der deutschen Bundesregierung am Völkermord in Palästina war dieses Jahr besonders in Berlin omnipräsent, nicht nur im »Palästina-Block«.
Auch die Planungen zur Einführung der Wehrpflicht spielten eine wichtige Rolle – nicht zuletzt durch einen starken Jugend-Block, der u.a. von SDAJ und Solid aufgestellt war.
Gegen Kriegspolitik und Militarisierung
Anders als im letzten Jahr standen dieses Mal beide Netzwerke der Friedensbewegung – die Initiative »Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder« und das Bündnis »Stoppt das Töten« – hinter der Demonstration. Erstere ist ein Bündnis an Gruppen, die zum Teil unkritisch gegenüber Russland sind. Letzteres ist z.T. unkritisch gegenüber der Nato und Waffenlieferungen. »Stoppt das Töten« hat sich 2023 gegründet und letztes Jahr wegen der mangelnden Abgrenzung nach rechts nicht an der Demo beteiligt. Allerdings ist dieser Teil deutlich mobilisierungsschwächer als die Kräfte von »Nie wieder Krieg«. Im Vergleich zum letzten Jahr war die Demonstration in Berlin mindestens ein Drittel kleiner.
Der Aufruf, der von einem Initiativkreis aus verschiedenen Teilen der Demonstration formuliert wurde, forderte unter anderem ein Ende der Hochrüstung und stellte sich gegen die Wehrpflicht. Auf Druck aus der Bewegung wurde die Kritik an der Bundesregierung an der Unterstützung des Völkermordes in Gaza aufgenommen. Während auch die Forderung nach Asyl für Deserteure aufgenommen wurde, wurde die Frage der Waffenlieferungen ausgespart.
Streitfragen Russland und AfD
Die beiden Streitthemen in der Friedensbewegung – zum einen der Umgang mit dem Krieg um die Ukraine, zum anderen der Umgang mit der AfD und anderen rechten Kräften – sind noch nicht ausgeräumt.
Auch wenn Palästina-Fahnen in der Mehrheit waren – Russland-Fahnen gab es auch. Immer wieder wurden wir am Infostand und in der Demonstration für unseren Slogan »Weder Putin noch NATO« kritisiert. Auch der Slogan »AfD-Nazis stoppen« provozierte oft Widerspruch. Einzelne outeten sich als AFD-Wähler:innen und konnten nicht verstehen, warum wir glaubten, die AfD sei keine Friedenspartei. In Stuttgart provozierten vor allem auch Menschen aus dem Querdenken- und »Die Basis«-Spektrum und taten sich als AfD-Verteidiger:innen hervor. Allerdings kamen aber auch besonders viele junge Menschen an unseren Infostand, auf der Suche nach einer linken revolutionären Organisierung.
Weder Putin noch Nato
Um weiter auszugreifen und eine reale Gefahr für den deutschen Militarismus zu werden, muss sich die Friedens- und Antikriegsbewegung sowohl gegen die Nato und die Bundesregierung stellen, als auch klar Stellung gegen Putin und die Rolle Russlands zu beziehen. Nur so können wir der Kriegspropaganda der Bundesregierung entgegenwirken. Diese will der Bevölkerung weismachen, Deutschland müsse »kriegstüchtig« werden, um sich verteidigen zu können. Wie die Drohnen über der Ostsee jedoch schon jetzt zeigen, führt eine Erhöhung der nationalen und internationalen Militärbudgets nur zu mehr Auseinandersetzungen zwischen imperialistischen Mächten.
Um dieser Aufrüstungsspirale entgegenzuwirken braucht es Widerstand von unten. Nicht, um an die Herrschenden zu appellieren, sondern um die Bewegung auszuweiten. Hierfür ist eine inhaltliche Auseinandersetzung mit deutschen imperialistischen Interessen, sowie dem Zusammenhang zwischen Aufrüstung auf der einen und sozialen Kürzungen auf der anderen Seite, dringend notwendig – auch um die falschen Friedensversprechungen der faschistischen AfD zu entlarven. Unsere Antikriegsbewegung muss organisiert, antirassistisch und antifaschistisch sein.