Menschen protestieren in den Straßen von L. A.

L. A.: Der Staat ist verantwortlich für die Gewalt

Donald Trump setzt die Armee zur Zerschlagung des Aufstands in Los Angeles (L. A.) ein. Trotzdem bleiben die Menschen auch sechs Tage nach Ausbruch der Proteste gegen die »militärartigen« Razzien auf Migrant:innen auf der Straße. Von Frankie Murden

Die Proteste haben sich zudem auf andere Städte ausgeweitet, und für Samstag ist in den USA ein flächendeckender Aktionstag geplant.

Der international bekannte Fotoreporter Nick Stern wurde inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen, nachdem die Polizei ihn am Wochenende mit einem Gummigeschoss gezielt verletzt hatte.

Er war nicht überrascht, dass er getroffen wurde. Schon vor fünf Jahren wurde er angeschossen, als er die Bewegung Black Lives Matter (BLM) begleitet hatte. Die Polizei von Los Angeles (LAPD) ist »schießwütig«. »Sie geben ihnen diese Waffen, nicht nur Gummigeschosse, sondern alle möglichen anderen Sachen«, sagte er. »Sie geben ihnen tödliche Waffen, und sie missbrauchen sie.«

John Parker ist Mitglied der Leitung des Kommunalen Selbstverteidigungsbündnisses, das die Proteste in L. A. anführt.

Das Bündnis hatte schon vor dem Aufstand Workshops organisiert und »schnelle Eingreifeinheiten« aufgestellt. Immer wenn die Einwanderungs- und Zollbehörde (United States Immigration and Customs Enforcement, ICE) anrückt, sind sie dabei und helfen, Razzien und Abschiebungen zu verhindern.

John hat Socialist Worker erzählt: »ICE ist immer wieder in die Viertel eingedrungen und hat versucht, Leute zu fangen, in der Regel ohne Haftbefehl.« Er kontert den Versuch Trumps und der Medien, die Demonstrierenden zu verleumden, mit den Worten: »Die Armee und die Polizei, die in die Viertel geschickt wurden, sind allein verantwortlich für die Gewalt! Die Kundgebungen und Demonstrationen waren friedlich. Videos zeigen Menschen, die Steine auf die Polizei werfen und Sachen anzünden, aber du siehst nicht, was davor geschehen ist.«

Gemeinden wehren sich gegen die ICE

Der Aufstand in L A. geht weit über die Linken, Migrantenrechtsgruppen und schon zuvor politisch aktiven Menschen hinaus. John sagt, dass in L. A. »viel mehr Leute von der Bewegung erfasst wurden als während BLM«.

»Am Sonntag waren schätzungsweise 50.000 da«, meint John. »Es gibt eine große Dynamik. Die Unterstützung kommt aus weiten Bereichen der Gemeinde und ich denke, sie ist breiter und größer als die BLM-Bewegung«. »Jetzt kannst du Leute der Mittelschicht zusammen mit Arbeiter:innen, mit Schwarzen und Latinos sehen. Sie gehen Arm in Arm. Wir erleben, dass Schwarze und Braune Menschen wirklich zusammenkommen.« Er meint, »seit den Black Panthers und den Brown Berets« in den 1970er Jahren »haben wir so etwas nicht mehr gesehen« (Die Black Panther waren eine militante Selbstverteidigungsorganisation der Schwarzen, die Brown Berets die der aus Mexiko Zugewanderten, der Chicanos.)

Die Abscheu angesichts des Ausmaßes und des Schreckens der von Trump angeordneten Verschleppungen haben die Proteste anschwellen lassen.

Nick ergänzt: »Trump hat behauptet, er deportiere Mörder, Kinderschänder und Diebe. Aber die Leute, die sie fangen, sind Mütter, Väter, Kinder. Mütter mit Säuglingen auf dem Arm werden gefasst. Ich habe ein Video von Landarbeitern gesehen, die über die Farm rannten, auf der sie beschäftigt sind. Sie wurden von diesen Männern in Uniform gejagt wie aufgeschreckte Kaninchen.«

Wegen solcher Szenen haben einige Institutionen entschieden, sich der ICE zu widersetzen. John sagt: »Schulen und örtliche Geschäfte lassen die ICE und die Polizei nicht rein. Wir können sie nicht daran hindern, sich in der Öffentlichkeit aufzuhalten, aber die Community kann sie ausschließen.«

Das geschieht noch häufiger, seit die ICE einen 16-jährigen Schüler aus einer Oberschule entführt hat.

»Sie sind einfach in die Schule gegangen und haben ihn mitgenommen«, sagt er. »Seine Eltern wissen nicht, wo er ist – ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das für sie sein muss.«

Die allererste Aufgabe der Linken ist es, sich uneingeschränkt hinter den Aufstand und gegen die Gewalt von Polizei, Armee und ICE zu stellen.

»Wir brauchen Einheit«

Konfrontiert mit der Macht des US-amerikanischen Staats stellt sich aber die Frage, welche Kraft stark genug ist, seine Macht zu brechen.

Wenn die arbeitende Klasse ihre kollektive Macht einsetzt – vor allem mit Streiks –, dann könnte der Aufstand vorangetrieben werden.

John wies auf die Massendemonstrationen und Streiks von 2006 für die Rechte von Immigrant:innen hin. Mit dem »Gesetz zum Grenzschutz, zur Terrorismusbekämpfung und zur Kontrolle illegaler Einwanderung« sollte jede Person kriminalisiert werden, die dabei gefasst wird, eine:r Immigrant:in dabei zu helfen, in die USA zu kommen oder dort zu bleiben.

John sagt: »Dieses Gesetz wurde im Repräsentantenhaus verabschiedet, in dem die Demokraten die Mehrheit hatten, und wir wussten, dass es auch durch den Senat gehen würde. Eine Million Menschen allein in L. A. gingen auf die Straße, Millionen mehr überall im Land. Es war der 1. Mai und auch ein Arbeitstag – das hat ihre Profite also echt beeinträchtigt. Nach diesen landesweiten Demonstrationen hörtest du nie wieder etwas von dem Gesetz, man versenkte es. Das geschieht, wenn du ihre Profite angreifst.«

Es gab einige Fälle, wo Arbeiter:innen aktiv geworden sind, aber die Gewerkschaftsführungen haben noch keine ernsthaften Schritte gegen Trump eingeleitet.John sagte: »Die Gewerkschaftsbasis ist viel radikaler als die Spitze der Gewerkschaften.« Er hofft aber, dass sich die Lage ändert, nachdem die Polizei auf der Demonstration vom vergangenen Freitag David Huerta, den örtlichen Gewerkschaftsvorsitzenden der Gewerkschaft SEIU verhaftet, krankenhausreif geschlagen und angeklagt hatte. John sagt, er wisse, »dass die Menschen nach Amerika schauen und L. A. für sie ein Vorbild ist. Wir brauchen Einheit. Es gibt viele Meinungsverschiedenheiten bei den Linken, aber wir müssen in dieser Frage alle zusammenkommen.«


Dieser Artikel erschien zuerst am 11. Juni 2025 auf socialistworker.co.uk