Diskussion über revolutionäre Theorie und Praxis auf Marxism in London

Vier Tage Diskussionen über revolutionäre Theorie und Praxis

Mit einer Delegation von über 30 Genoss:innen besuchte Sozialismus von unten Anfang Juli das von der SWP organisierte Marxism Festival in London. Im Zentrum der Diskussionen dort standen der Widerstand gegen den Genozid in Gaza und den Aufstieg der globalen Rechten. Von Zoe Blumberg

Vom 3. bis 6. Juli tauschten sich über 3500 Besucher:innen über Fragen der Organisierung gegen den Horror des Kapitalismus, wie Sexismus und Transfeindlichkeit, Rassismus, Sozialkürzungen, Kriegstreiberei und den Genozid in Gaza aus.

Revolutionäre Theorie und Praxis

Das vielfältige Programm bot die Gelegenheit zur Vertiefung revolutionärer Theorie, u.a. in der Auseinandersetzung mit dem Stalinismus, der Einheitsfrontstrategie und marxistischer Ökonomie. Gut besucht waren die Diskussionen zu aktuellen Entwicklungen weltweit, wie die Proteste in den USA, Trumps Wirtschaftspolitik, die Zukunft Syriens, die Besatzung Palästinas und der Genozid in Gaza.

Auch die Entwicklung und Rolle von künstlicher Intelligenz und der Aufstieg der globalen Rechten spielten eine Rolle. Begleitet wurde dies durch Kulturveranstaltungen und Vorstellungen neuer Bucherscheinungen wie die Lehren des deutschen Bauernkriegs oder die Geschichte der Anti-Nazi-League in UK.

Wie soll die Linke sich organisieren?

Besonders eine Neuigkeit war während des Festivals in aller Munde: Die Labour-Abgeordnete Zarah Sultana erklärte am Tag des Festivalauftakts online mit den Worten »Socialism or barbarism« ihren Austritt aus der Partei. Sie kündigte die Gründung einer linken Alternative an der Seite des Ex-Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn an. Dieser sprach auch auf dem Podium »Party time? What kind of left do we need?«. Dort stellte er klar: »Change comes about because of pressure from outside parliament« und eröffnete somit für viele die Diskussion über das Verhältnis von Partei und Bewegungen, Revolutionär:innen und Reformismus.

Lewis Nielsen von der SWP begrüßte diese Neuigkeiten und kündigte die Mitarbeit in der neuen Formation an. Dabei betonte er die Wichtigkeit, aus gescheiterten reformistischen Projekten wie der Partei Syriza in Griechenland, oder den Schwierigkeiten der Linken in Deutschland zu lernen. Politische Stärke und Ausrichtung des neuen Projekts müssten aus der Verankerung in verschiedenen (Massen-) Bewegungen kommen. Die SWP selbst dürfe als revolutionäre Organisation die eigene Unabhängigkeit in dem kommenden Projekt nicht verlieren.

»The SWP will be part of the push to turn words of hope into reality. We will unite with others in action as we also make the case for revolutionary change. No more waiting, let’s do it.« (Hier weiterlesen). 

Die euphorische Stimmung angesichts dieser Neuigkeiten, aber auch der bedachte Umgang und die politische Positionierung der englischen Genoss:innen war für alle Anwesenden eine lehrreiche Erfahrung.

Austausch mit Menschen aus der ganzen Welt

Eine große Attraktion des Kongresses war außerdem die Gelegenheit zum Austausch mit den internationalen Genoss:innen der IST (International Socialist Tendency), unter anderem aus Südkorea, Frankreich, Irland, Kanada, Türkei und der USA.

Teilnehmende aus Deutschland berichten: 

»Es tut gut, so viele internationale Genoss*innen zu sehen und das Gefühl zu bekommen, dass wir alle im selben Kampf verbunden sind, unsere Ängste, unsere Wut, Ziele und Erfolge teilen und deren Anteilnahme an den Entwicklungen in Deutschland und unseren Kämpfen zu merken. Es tut gut, zu sehen, dass wir in Deutschland zwar noch klein, aber Teil einer internationalen Bewegung sind.« 

»Besonders der Vortrag von Weyman Bennet »Stopping the march of fascism through Europe« hat mir sehr gut gefallen. Zum einen hat er mit großer analytischer Klarheit eine grundsätzliche Strategie aufgezeigt mit den Kernpunkten Einheitsfront und Antirassismus, sowie den Menschen Hoffnung und eine Alternative bieten. Zum anderen war es motivierend, einen Genossen zu sehen, der seit Jahrzehnten jede Welle faschistischer Mobilisierung in UK bekämpft und zurückgeschlagen hat.«

»Es ist sehr inspirierend, unsere große Schwesterpartei in Aktion zu sehen, da möchte in Deutschland auch hin! Die einzelnen Vorträge und die Büchertische mit ihrer Themenvielfalt motivieren mich, mein Theoriewissen zu vertiefen, unseren Aufbau voranzutreiben und unsere Praxis effektiver auszurichten.«

Zusammenarbeit statt Spaltung

Im Zeitalter von globaler Aufrüstung, zugespitzten imperialen Konflikten und Krisen und globalem Rechtsruck sind internationale Organisierung und Austausch und die Lehren daraus wichtiger denn je. Sie erlauben Widerstand gegen die Teile-und-Herrsche-Strategie der mächtigen Bosse und Herrscher und lassen uns Schulter an Schulter in unserem Kampf gegen den Hauptfeind im eigenen Land stehen.

(Foto: Dave Gilchrist)