Von Israel zerstörte Häuser in Gaza

Hintergründe zu Israels Krieg gegen Gaza

Die aktuelle Lage in Gaza wirft grundsätzliche Fragen über Israel und Palästina auf. Die wichtigsten Fragen sind hier beantwortet.

Was ist Zionismus?

Zionismus ist eine politische Ideologie, die entstanden ist als Antwort auf den in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erstarkenden Antisemitismus in Europa. Viele Jüdinnen und Juden der Zeit schlossen sich linken Organisationen an und versuchten Rassismus, Antisemitismus und alle anderen Formen der Unterdrückung bekämpfen. Die bekanntesten darunter waren sicherlich Karl Marx, Rosa Luxemburg und Leo Trotzki. Der Zionismus hingegen akzeptierte Antisemitismus als unabänderlich, wie der Begründer und bekannteste Vertreter des frühen Zionismus, Theodor Herzl, feststellte: „In Paris gelang ich, wie ich schon sagte, zu einer freieren Einstellung zum Antisemitismus; ich begann, ihn historisch zu verstehen und ihm zu verzeihen. Vor allem erkannte ich, wie sinn- und nutzlos der Versuch ist, den Antisemitismus zu bekämpfen.“

Der Zionismus ist als Kind seiner Zeit, entstanden in der Phase europäischer Nationalbewegungen, völkisch-nationalistisch. Er akzeptiert die rassistische Einteilung der Menschheit in rassische Gruppen, vornehmlich „Juden“ und „nicht-Juden“. Und die Lösung, die der Zionismus für die Befreiung der Jüd:innen von ihrer Unterdrückung vorschlägt, ist die Gründung eines Jüdischen Staates: „Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“ wurde zum Leitmotiv der Bewegung.

Schließlich legte sich der Erste Zionistische Kongress in Basel 1896 darauf fest, dass die osmanische Provinz Palästina dieses „Land ohne Volk“ sein sollte. Der Bezug zur Religion sollte helfen, religiöse Juden für den Zionismus zu gewinnen. Aber natürlich war Palästina kein „Land ohne Volk“. Es war im Gegenteil eines der am dichtesten besiedelten Gebiete außerhalb Europas. Herzl wollte sein Projekt mit voller Zustimmung der europäischen Kolonialmächte, allen voran des Deutschen Kaisers, umsetzen und versprach im Gegenzug: „Für Europa würden wir dort ein Stück des Walles gegen Asien bilden, wir würden den Vorpostendienst der Kultur gegen die Barbarei besorgen.“ Das Projekt der „Landnahme“ des zu gründenden „Judenstaates“ verglich er mit der Eroberung Nordamerikas durch europäische Siedler. Der „Nahost-Konflikt“ hat seinen Ursprung in diesem Vorhaben. Der Staat Israel hat sich bis heute auf keine Grenzen seines Gebietes festgelegt.

Ist Israel eine Besatzungsmacht?

Bei der Gründung Israels 1948 gelang es den Zionisten, einen großen Teil des Gebietes, das sie für sich beanspruchten, zu erobern. In diesem Gebiet haben sie die ansässige palästinensische Bevölkerung weitgehend vertrieben. Die verbliebenen Palästinenser waren marginalisiert und eine kleine Minderheit, die von der zionistischen Bewegung lange Zeit nicht als Bedrohung ihres „jüdischen Staates“ wahrgenommen wurden.

Aber mit dem Krieg von 1967 geriet der Zionismus in ein Dilemma. Die israelische Armee eroberte nun alle Gebiete, die nach zionistischer Vorstellung zu dem „jüdischen Staat“ gehörten: Neben dem bestehenden Israel auch Ost-Jerusalem, das „Westjordanland“ (oder „Judäa und Samaria“, wie die Zionisten es nennen) und den „Gazastreifen“. In diesen Gebieten lebten aber viele Palästinenser:innen, darunter die Mehrzahl der 1948 vertriebenen und deren Kinder.

Zum ersten Mal kontrollierte die israelische Armee das gesamte „Eretz Israel“, aber dieses Land war nun nicht mehr mehrheitlich jüdisch besiedelt. Da eine erneute gewalttätige Massenvertreibung politisch nicht durchsetzbar war und am Widerstand der Großmächte, die eine Destabilisierung der Erdölregion rund um den Persischen Golf befürchteten, gescheitert wäre, verzichtete Israel auf die Annexion des Gebietes.

Stattdessen errichtete Israel ein Besatzungsregime. Seitdem besiedelte Israel Stück für Stück das „Westjordanland“. 1981 annektierte Israel dann Ost-Jerusalem. Und je weiter die zionistischen Siedlungen vordrangen, desto mehr machten die Siedler, häufig mit Waffengewalt und Unterstützung des israelische Militärs, den Palästinenser:innen das Leben zur Hölle. Die Vertreibung wurde schleichend fortgesetzt. Mittlerweile sind die verbliebenen Palästinenser:innen auf einem kleinen Gebiet, hauptsächlich der sogenannten „Zone A“ des „Westjordanlandes“ und dem „Gazastreifen“, zusammengepfercht.

Meistens beschränkt sich das israelische Militär darauf, diese „Zone A“ von außen zu kontrollieren und abzuschließen wie ein Gefängnis. Aber natürlich kann die Besatzungsmacht jeder Zeit auch in diesen palästinensischen Wohngebieten operieren.

Was ist das Besondere an Gaza?

Der „Gazastreifen“ hat etwa die Größe der Stadt Bremen und darin leben mittlerweile vier Mal so viele Menschen, über 2 Millionen. Der Gazastreifen ist damit bei weitem dichter besiedelt als Berlin oder Paris. Die große Mehrheit davon sind die Nachkommen von Flüchtlingen, die 1948 aus Israel vertrieben wurden. Damit ist es quasi das größte palästinensische Flüchtlingslager und eine permanente Erinnerung an den Anspruch der Vertriebenen auf ihre Rückkehr in ihre alte Heimat.

Und gleichzeitig hat der Zionismus keinen besonderen ideologischen Bezug zu dem Gebiet. Deshalb sagte der damalige israelische Premierminister Yitzhak Rabin 1992: „Ich wünschte, Gaza versänke im Meer.“ Und das beschreibt die Politik Israels gegenüber dem „Gazastreifen“ am besten, insbesondere seit dem Abbau der israelische Siedlungen auf dem Gebiet unter Premierminister Ariel Sharon 2005: Israel und Ägypten halten die Grenzen zum Gazastreifen geschlossen, seit 2006 befindet sich das Gebiet unter einer offiziellen Blockade, unter der nur streng kontrollierte Güter eingeführt werden dürfen. Der Gazastreifen ist nach Israel hin von einer sieben Meter hohen Mauer bzw. ebenso hohen Zäunen mit Bewegungssensoren und ferngesteuerten Schussanlagen umgeben. Zwei Drittel der Bevölkerung von Gaza leben in Armut und haben nur unsicheren Zugang zu Nahrung und sauberem Trinkwasser.

Ist Apartheid eine passende Beschreibung?

Eine einfache Definition von Apartheid, dem System der rassistischen Unterdrückung einer rassisch definierten Gruppe, wie es in Südafrika praktiziert wurde, liefert die juristische Fakultät der Cornell Universität: „Apartheid bezieht sich auf die Umsetzung und Aufrechterhaltung eines Systems legalisierter rassischer Trennung, in dem eine ethnische Gruppe ihrer politischen und bürgerlichen Rechte beraubt wird.“1 Nach dieser Definition praktiziert Israel im Westjordanland Apartheid. Aber auch innerhalb Israels haben die arabisch-stämmigen Israelis den Status von Bürgern zweiter Klasse in einem Staat, der sich ethnisch als jüdisch definiert.

Es gibt allerdings einen wichtigen Unterschied zu dem bekanntesten Beispiel von Apartheid, Südafrika bis 1994: Dort wurde die unterdrückte Bevölkerungsgruppe als Arbeitskräfte gebraucht. Die kleine weiße Oberschicht war abhängig von der Ausbeutung der indigenen Bevölkerung. Deswegen spielten Massenstreiks auch eine wichtige Rolle in der Überwindung der Apartheid in Südafrika.

Israel hingegen braucht die Palästinenser nicht. Im Gegenteil: Um einen „jüdischen Staat“ haben zu können, muss Israel die Palästinenser:innen loswerden. 

Passiert in Gaza gerade ein Genozid?

Das Ziel der israelischen Politik, und das Ziel der zionistischen Bewegung von Beginn an, ist (und war), ein „Land ohne Volk“ zu schaffen, um darin dem eigenen „Volk ohne Land“ einen Staat zu erbauen. Voraussetzung dafür war und ist die Beseitigung der einheimischen palästinensischen Bevölkerung. Dieses Ziel hat die zionistische Bewegung seit der Festlegung auf die osmanische Provinz Palästina als „jüdischen Staat“ mit unterschiedlichen Mitteln verfolgt: Landkauf und Vertreibung der alten Pächter am Anfang, bewaffneter Terror unter der britischen Besatzung, systematischer Terror der zionistischen Milizen im Zuge der Staatsgründung Israels bis hin zu anhaltender Schikane und wiederkehrenden Militärschlägen in der Zeit der Besatzung.

Der generelle Ansatz des Staates Israel gegenüber den Palästinenser:innen bezeichnet der israelische Soziologe Baruch Kimmerling als „Politizid“, womit er die Auslöschung der Palästinenser:innen als politischer Körper meint. Das muss nicht zwangsläufig auf die Ermordung aller Palästinenser:innen hinauslaufen. Aber es entspricht der Definition der UN-Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes (Genozid): Eine „nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“.

Zu diesem Schluss kommt auch der bisherige Leiter des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Craig Mokhiber: Die Strategie des israelischen Militärs basiere „auf einer ethno-nationalistischen kolonialen Siedlerideologie (…) der jahrzehntelangen systematischen Verfolgung und Säuberung. Dies ist ein klassischer Fall von Völkermord.“

Verübt Israel Kriegsverbrechen nach den Genfer Konventionen?

Permanent. Die Besiedelung im Krieg besetzter Gebiete, die Vertreibung der einheimischen Bevölkerung sowie die Annexion sind alles Verbrechen im Sinne der Genfer Konventionen. Diese sehen außerdem die Verpflichtung vor, die besetzte Bevölkerung zu versorgen. Dieser entzieht sich Israel seit Jahrzehnten und überlässt das der „internationalen Gemeinschaft“.

Ebenso ein Verbrechen nach der Genfer Konvention ist die Kollektivbestrafung der gegnerischen Zivilbevölkerung, wie zum Beispiel die generelle Abriegelung des „Gazastreifens“, oder, wie es tagtäglich im „Westjordanland“ geschieht, die Zerstörung von Häusern der Familien von „Straftätern“.

Die Bombardierung von Wohngebieten, obwohl üblich in Kriegen, stellt auch einen Verstoß gegen die Genfer Konventionen dar. Ebenfalls der Beschuss eindeutig als Rettungskräfte markierter Personen oder Fahrzeuge sowie von Krankenhäusern. Auch der Einsatz geächteter Waffen, die schwere Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung haben, ist ein Verstoß. Dazu zählen die von Israel eingesetzten Phosphorbomben und Streumunition. Da die USA selbst diese und andere geächtete Waffen einsetzen und an ihre Verbündeten, wie aktuell die Ukraine, liefern, ist allerdings eine gewisse Normalisierung eingetreten.

Ist Israel ein kolonialer Siedlerstaat?

Israel ist ein Staat, der von europäischen Siedlern mit Hilfe europäischer Kolonialmächte gegen den Willen und Widerstand der einheimischen Bevölkerung gegründet wurde. Dieser historische Fakt ist unbestritten. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass viele der europäischen Siedler, insbesondere der deutschen nach dem Beschluss der „Nürnberger Rassegesetze“ durch die Nazis 1935 und die Reichspogromnacht 1938, verzweifelt auf der Suche nach einer neuen Heimat waren, um der antisemitischen Verfolgung im „Deutschen Reich“ zu entkommen.

Für die meisten europäischen Juden, die den Nazis entkommen konnten oder den Massenmord in den Konzentrationslagern überlebt haben, blieb Palästina, und ab 1948 Israel, die einzige Option – auch, weil Großbritannien und die USA ihre Grenzen für europäische Flüchtlinge geschlossen hatten, wenn diese nicht zufällig berühmt oder reich waren. Es ist ein weiterer Teil der Tragödie mit dem europäischen Antisemitismus, dass die Kolonialmächte es geschafft haben, die Opfer rassistischer Verfolgung in Europa zu Instrumenten der kolonialen Kontrolle des Nahen Ostens zu machen.

Israel hat seinen Charakter als Kolonialstaat niemals abgelegt. Wehrsiedlungen im Grenzgebiet, ab 1967 in den im „Sechstagekrieg“ besetzten Gebieten, erfüllen bis heute die selbe Funktion wie die weißen Siedlungen im Nordamerika des 18. Und 19. Jahrhunderts: Landnahme und Vertreibung der einheimischen Bevölkerung. Und wie die indigenen damals auch, wehren sich die Palästinenser:innen bis heute immer wieder mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. Und wie damals auch greifen die Siedler mit aller Brutalität durch und werden von der Armee dabei unterstützt.

Und bis heute ist Israel eine „Siedlerdemokratie“: Eine Demokratie, die den Siedlern demokratische Rechte gestattet, die es den Besiedelten verweigert.

Warum spielt Verhältnis USA–Israel eine zentrale Rolle?

Kein einziges Land, nicht einmal eine Region, hat von den USA auch nur annähernd so viel Unterstützung bekommen wie Israel. US-Regierungen unabhängig von der jeweiligen Regierungspartei genehmigen Israel seit Mitte der 50er Jahre sogenannte „Militärhilfen“. Seit 1967 waren es in keinem Jahr weniger als 3,5 Milliarden US-Dollar. Dazu kommen noch „Wirtschaftshilfen“ in etwa der selben Höhe. Israel ist der einzige Staat, der jederzeit und unbegrenzt Kredite von den USA bekommt. Ohne diese wäre Israel bereits mehrfach in den Staatsbankrott gerutscht.

Grund für dieses in der US-Politik „spezielle Beziehung“ genannte Verhältnis der USA zu Israel ist die Rolle, die Israel in der Region spielt. Die Region ist wegen der enormen Vorkommen an Erdöl und Erdgas von zentraler Bedeutung für die USA – und das bereits seit dem Ende des Ersten Weltkrieges, von dem Winston Churchill sagte, die Entente sei auf eine Welle des Öls zum Sieg geschwommen. Und im 2. Weltkrieg wurde die strategische Bedeutung des Öls und die Kontrolle darüber noch deutlicher sichtbar.

Die Kolonialmächte England und Frankreich haben nach dem Ersten Weltkrieg die Region nicht nur unter sich aufgeteilt, sondern auch Grenzen gezogen, die die damals bekannten Ölvorkommen von den arabischen und persischen Bevölkerungszentren trennten, um sie besser kontrollieren zu können. In allen so geschaffenen Staaten setzten die Kolonialmächte von ihnen abhängige Diktaturen ein, die ihnen den Zugang zum Öl garantierten. Aber immer wieder kam es in den folgenden Jahrzehnten zu Aufständen gegen diese Diktaturen und die sie unterstützenden westlichen Staaten – das letzte weithin sichtbare Beispiel war der „Arabische Frühling“, wo eine Massenbewegung unter anderem den engen Verbündeten der USA, Deutschlands und Israel, den Diktator Hosni Mubarak in Ägypten, stürzte.

Israel ist als kolonialer Siedlerstaat der natürliche Verbündete des Westens im Kampf gegen solche antiimperialistischen Aufstände und Bewegungen. Die arabischen Massen solidarisieren sich automatisch mit den Palästinensern, die sie als Opfer der selben Kolonialpolitik sehen wie sie selbst. Und Israel solidarisiert sich automatisch mit jeder Diktatur der Region, die sich gegen eine arabische Nationalbewegung, oder antikoloniale Bewegung, richtet. So unterstütze Israel Anfang der 1950er Jahre Frankreichs Krieg gegen die Algerische Befreiungsbewegung, beteiligte sich 1956 am Überfall Großbritanniens und Frankreichs auf das Ägypten des Panarabisten Abdel Nasser. Israel verbündete sich mit dem Shah von Persien und der Hashemiten-Diktatur im Irak. Und Israel bekämpfte in einem Überraschungskrieg 1967 den Versuch Ägyptens, Syriens und Jordaniens sich zu einem Panarabischen Staat zusammenzuschließen.

Insbesondere der Panarabismus wurde von US-Regierungen als Bedrohung wahrgenommen, weil er das Potenzial hatte, die Diktaturen auf der Arabischen Halbinsel zu stürzen. Damit wäre es dem Westen nicht mehr möglich gewesen, die Organisation Erdölexportierender Länder zu kontrollieren. Israel ist und bleibt ein wesentlicher Partner des Westens in der Kontrolle dieser Region. Der ehemaliger US-Außenpolitiker Henry Kissinger bezeichnete Israel einst gar als den „unsinkbaren Flugzeugträger der USA“.

Könnte Israel ohne westliche Unterstützung weitermachen?

Ohne die militärische und wirtschaftliche Unterstützung und die diplomatische Rückendeckung des Westens könnte Israel in dieser Form nicht weitermachen. Es müsste versuchen, eine auf Gleichberechtigung basierende Koexistenz mit den arabischen Nachbarstaaten zu erreichen. Und dafür müsste Israel eine Einigung mit den Palästinenser:innen erzielen. 

Bedroht die Hamas das Existenzrecht Israels?

Nicht jeder Akt des Widerstands, nicht jeder militärische Angriff und nicht jeder Terroranschlag stellt das Existenzrecht des Landes infrage, in dem er stattfindet oder gegen das er gerichtet ist. Der Hamas-Überfall vom 7. Oktober wird von israelischen Politikern wie Netanyahu gern mit den Anschlägen vom 11. September 2001 verglichen. Dieser Vergleich hinkt in vielerlei Hinsicht, aber nicht zuletzt darin, dass niemand das Existenzrecht der USA gefährdet sah, weil es Terroranschläge auf Ziele in den USA gegeben hatte und dabei tausende Zivilisten getötet worden waren. Die israelische Außenpolitik arbeitet sehr freizügig mit der Behauptung, das Existenzrecht des Landes werde infrage gestellt, meist in Verbindung mit der Warnung, dies sei gleichbedeutend mit der Androhung der physischen Auslöschung der (jüdischen) israelischen Bevölkerung. Weder Hamas noch Hezbollah, zwei nicht-staatliche Guerillaorganisationen, verfügen annähernd über die militärischen und sonstigen Mittel, um dem Staat Israel, einer der schlagkräftigsten und modernsten Streitmächte der Welt, die auf die Unterstützung der mit weitem Abstand größten, nämlich der USA, rechnen kann, ernsthaft gefährlich werden zu können. Israel hat im Sechs-Tage-Krieg 1967, in seinen zahlreichen Angriffen auf den Libanon und seine Interventionen in den Krieg in Syrien bewiesen, dass es selbst seinen Nachbarstaaten militärisch klar überlegen ist. Das Existenzrecht eines Staates zu leugnen ist derweil nicht gleichbedeutend mit völkermörderischen Absichten. Die Bundesrepublik erkannte bis in die 1970er Jahre die DDR nicht als Staat an und vertat die Hallstein-Doktrin, wonach sie allein Deutschland repräsentiere. Dahinter stand nicht die Absicht die Bevölkerung Ostdeutschlands auszurotten. Die USA erkannten die VR China erst 1979, 30 Jahre nach ihrer Gründung, an, China Taiwan bis heute nicht. Das Existenzrecht eines Staates Palästina, der im Osloer Friedensabkommen von 1993 vorgesehen war, versagt die israelische Siedlungs- und Besatzungspolitik den Palästinensern seit 30 Jahren. 

Steht die ganze Welt hinter Israel?

Nein. Praktisch uneingeschränkte Unterstützung erfährt die israelische Regierung vor allem von den Regierungen und Leitmedien westlicher Industrieländer. Der UN-Resolution zur aktuellen Krise vom 26. Oktober 2023, die zu einer Waffenruhe aufrief, stimmten 120 von 193 Regierungen der Welt zu, während Deutschland sich neben 44 anderen Staaten enthielt. Massenproteste gegen den brutalen Militäreinsatz der IDF finden in zahlreichen Ländern wie den USA, Großbritannien, vielen arabischen Ländern, der Türkei und anderswo statt. Mehrere lateinamerikanische Länder (Kolumbien, Chile, Honduras) haben aus Protest ihre Botschafter aus Israel abberufen oder die diplomatischen Beziehungen ganz eingestellt (Bolivien). 

1https://www.law.cornell.edu/wex/apartheid#:~:text=Apartheid%20refers%20to%20the%20implementation,of%20the%20International%20Criminal%20Court.

Foto von Mohammed Ibrahim auf Unsplash