CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann behauptet, wir würden in Deutschland zu wenig arbeiten. In diesem Sinne hat die Koalition eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes beschlossen. Von Carl Schreiber
Sie sprechen von einer Erhöhung der täglich maximal zugelassenen Arbeitszeit von acht auf zehn Stunden. Das erhöhe die Flexibilität – auch für Beschäftigte.
Tatsächlich lässt das Arbeitszeitgesetz schon bisher tägliche Arbeitszeiten von zehn Stunden zu. Lediglich im Schnitt darf nicht mehr als acht Stunden gearbeitet werden. Ebenfalls beschlossen wurde eine steuerliche Begünstigung der Arbeitseinkommen von Rentner:innen, denn, so Linnemann, die Rentner:innen würden zu wenig arbeiten.
Eine Förderung der Arbeit im Rentenalter ist der Einstieg in weitere Rentenkürzungen und wird die Altersarmut erhöhen und damit den Druck, »freiwillig« im Rentenalter zu arbeiten.
Von Arbeitgeberseite wurde die Streichung von Feiertagen in die Diskussion gebracht. Sie sind den Unternehmen ein Dorn im Auge, weil sie uns für die Tage bezahlen, ohne dass wir arbeiten müssen.
Merz will militärische Führungsrolle
Bundeskanzler Friedrich Merz hat diese Themen mit seiner Aussage zusammengefasst, »Work-Life-Balance« würde den Standort Deutschland nicht fit machen. Es geht im Kern um die Frage, wie viel Zeit unseres Lebens wir damit verbringen, für die Kapitalisten Werte zu produzieren und damit ihre Profite zu erhöhen – und wie viel Zeit unseres Lebens wir mit Dingen verbringen können, die uns wichtig sind.
SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius plant, die Rüstungsausgaben nach dem »Sondervermögen Bundeswehr«, das schon die Ampelkoalition nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine beschlossen hatte, dauerhaft drastisch zu erhöhen.
Die Mehrkosten für die Rüstungsausgaben aus dem regulären Verteidigungshaushalt in der kommenden Legislaturperiode werden voraussichtlich deutlich über 130 Milliarden Euro liegen, um das zwei-Prozent-Ziel der NATO dauerhaft zu erfüllen, nachdem das Sondervermögen aufgebraucht ist.
Und das ist nur der Anfang, denn Merz hat bei seinem Besuch in Washington angekündigt, dass Deutschland mittelfristig die von den USA geforderten Rüstungsausgaben von fünf Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes aufbringen will – das sind zusätzliche 225 Milliarden Euro jährlich.
Die Aufrüstung zahlen wir
Dieses massive Aufrüstungsprogramm dient dazu, die Bundeswehr, wie Merz sagte, zur »stärksten Streitmacht Europas« zu machen – und Deutschland zur militärischen Führungsmacht.
Es war den Eliten in Deutschland schon lange ein Dorn im Auge, dass sie zwar ein »wirtschaftlicher Riese«, aber ein »militärischer Zwerg« seien, wie es der frühere Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß sagte. Die Wirtschaftsinteressen deutscher Konzerne zukünftig auch unabhängig von den USA militärisch durchsetzen zu können, ist die zentrale Zielsetzung der sogenannten »Zeitenwende«.
Das Geld für die Aufrüstung wird an anderer Stelle fehlen. Die aktuell diskutierten verschärften Sanktionen gegen Bürgergeldempfänger:innen sind nur ein erster Hinweis darauf, wer am Ende zahlen soll – die Beschäftigten und die Armen.
Aber nicht nur mit Sozialabbau werden wir zahlen. Um genügend Soldat:innen zur Verfügung zu haben, diskutiert die Bundesregierung über die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Für die Profite der Reichen sollen wir auch mit unserem Leben und dem unserer Kinder zahlen.
Titelbild: Steffen Prößdorf