Sahra Wagenknecht und Karl Marx

Die ökonomische Theorie von Sahra Wagenknecht und die von Karl Marx

Sahra Wagenknecht hat mit »Die Selbstgerechten« einen Bestseller vorgelegt, der kontrovers diskutiert wird. Thomas Walter beleuchtet den ökonomischen Teil ihres Buches.

Wieder einmal sorgt ein Buch von Sahra Wagenknecht für Furore. In »Die Selbstgerechten« unterzieht die prominente Linke ihre damalige Partei wie auch die gesamte gesellschaftliche Linke einer derben Kritik: Anstatt sich um die »kleinen Leute« zu kümmern, würde die »Lifestyle-Linke« nur noch akademische Milieus in den Großstädten vertreten und Themen »skurriler Minderheiten« bedienen. Wie falsch und gefährlich diese Thesen sind, mit denen die einstige Galionsfigur des linken Parteiflügels versucht, an rechte Diskurse anzudocken, wurde bereits vielfach beschrieben.

Wenig Resonanz bekommen hingegen ihre ökonomischen Thesen und Rezepte, die sie insbesondere in der zweiten Hälfte ihres »Gegenprogramms« darstellt. Wie schon in ihrem Buch »Reichtum ohne Gier« von 2016 vertritt die promovierte Ökonomin streitbare Ideen für eine linke Alternative zum neoliberalen Kapitalismus. Und auch wenn diese weniger fatal ausfallen als ihre gesellschaftspolitischen Konzepte, ist Kritik dennoch angebracht.

Die ökonomische Theorie nach Sahra Wagenknecht

Sahra Wagenknechts Wirtschaftstheorie folgt nicht Karl Marx, sondern der bürgerlichen Ökonomie. Nach dieser kann es Profit ohne eigene Leistung nicht geben. »Unverdiente« Profite würden rasch wegkonkurriert, wenn freier Wettbewerb herrscht. Unternehmer:innen könnten genau wie Arbeiter:innen nur dann ein Einkommen bei »freiem Wettbewerb« durchsetzen, wenn sie tatsächlich auch eine Leistung für die Gesellschaft erbringen. Ein gewisses Mehreinkommen könnten Unternehmer:innen nur dann eine Zeit lang erzielen, wenn sie verdienstvollerweise ein neues Produkt entwickeln und dafür auch eine Nachfrage finden. Doch schon treten Nachahmer:innen auf den Plan, und bald sind auch diese Extraeinnahmen wegkonkurriert. So produziert nach Wagenknecht eine »echte Leistungsgesellschaft« ständig neue Produkte zu unser aller Wohl. Sie folgt hier dem bürgerlichen Ökonomen Joseph Schumpeter.

Dauerhaft könne Profit ohne eigene Leistung nur entstehen, wenn der freie Wettbewerb gestört werde. Im »entfesselten Kapitalismus« seien die Konzerne mit ihrem »grenzenlosen Renditestreben« solche Störfaktoren. Mit ihrer Monopolmacht (es gibt keine oder nur wenige »Wettbewerber«) würden sie sich einen Teil der Werte aneignen, die die Arbeiter:innen und Unternehmer:innen geschaffen haben. Sie erbringen demnach keine eigene Leistung, außer dass sie ihre Monopolmacht ausspielen. Bei Wagenknecht gibt es also keinen Klassengegensatz Arbeiterklasse gegen Kapitalistenklasse, sondern einen zwischen Arbeiter:innen und Unternehmer:innen gemeinsam gegen Konzerne.

Die Konzerne ziehen Wagenknecht zufolge auch noch die Mittelschicht über den Tisch. Diese Menschen würden sparen, um im Alter etwas zum Leben zu haben und für schwierige Zeiten. Tatsächlich sind aber die Zinsen als Belohnung für dieses eiserne Sparen null oder gar negativ. Dahinter stecken nach Wagenknecht die Zentralbanken. Zwar sei während und nach der letzten Finanzkrise (2007-2009) zur Rettung der Wirtschaft nichts anderes übriggeblieben, als die Zinsen für Kredite und damit eben auch auf Sparkonten drastisch abzusenken, doch inzwischen sei daraus eine Dauerstütze für marode Konzerne geworden. Die braven »Sparer« zahlen für die Krise der Großen.

Die ökonomische Theorie von Karl Marx

Auch wenn Sahra Wagenknecht sich heute, mit Verweis auf Marx’ Ablehnung des Begriffs, nicht mehr als Marxistin bezeichnet, sieht sie sich doch in dessen Spuren und verweist gerne auf seine Kritik der kapitalistischen Produktionsweise. Doch ihre ökonomischen Ideen und Konzepte haben mit Marx nicht mehr viel zu tun.

Nach Karl Marx haben die Kapitalist:innen, darunter auch »kleine« Unternehmer:innen, ein Monopol auf die Produktionsmittel (Maschinen, Gebäude etc.). Die Arbeiterklasse hat dagegen keine eigenen nennenswerten Produktionsmittel. Arbeiter:innen haben nur ihre eigene Arbeitskraft, die sie an die Kapitalisten verkaufen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Der Wert der Waren, auch der Wert der Waren für den Lebensunterhalt der Arbeiter:innen, bemisst sich nach der Arbeitszeit, die für die Herstellung der Waren notwendig ist. Arbeiter:innen werden aber vom Kapital, das ja das Monopol auf Produktionsmittel und damit auf Arbeitsplätze hat, gezwungen, länger zu arbeiten als nur solange, dass der Wert der Waren für ihren eigenen Lebensunterhalt entsteht. Während dieser längeren Arbeitszeit stellen sie Waren gratis für die Kapitalist:innen her. Deren Wert ist der Mehrwert, der wiederum die Grundlage für den Profit ist. Die kleinen und großen Kapitalist:innen akkumulieren die Profite, häufen sie an. Kapitalist:innen investieren nur dann Geld, wenn mehr Geld zurückkommt. Machen kleine oder große Kapitalist:innen keinen Profit oder sogar Verluste, hören sie auf zu investieren und scheiden aus dem Markt aus.

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

Das Statistischem Bundesamt (StBA) veröffentlicht eine Statistik, die zeigt, welche Profite von kleinen oder großen Unternehmen gemacht werden. Im Produzierenden Gewerbe (Industrie, ohne Dienstleistungen wie Handel, Finanzen) wurde in Kleinbetrieben mit 20 bis 49 Beschäftigten (für noch kleinere Betriebe macht das StBA keine Angaben) ein Wert von insgesamt 29.200 Millionen Euro erwirtschaftet (»Wertschöpfung«). Davon waren Arbeitseinkommen 22.900 Millionen Euro, so dass Profite (Gewinne) in Höhe von 6.400 Millionen Euro verblieben. Das sind 22 Prozent der Wertschöpfung. In Großbetrieben mit 1.000 und mehr Beschäftigten betrug die Wertschöpfung 245.000 Millionen Euro, wovon 190.400 Millionen Euro Arbeitsentgelt und 54.600 Millionen Euro Profite waren. Die Profite betrugen also gleichfalls 22 Prozent der Wertschöpfung. Alle Unternehmen machen Profit, nicht nur die großen, wie Wagenknecht behauptet.

Während die Kapitalist:innen die Profite investieren und so Kapital ansammeln, rationalisieren sie gleichzeitig Arbeit weg. Der Mehrwert bemisst sich aber nach der unbezahlten Arbeit. Wenn auf der einen Seite immer mehr Kapital aufgehäuft wird, im Verhältnis dazu aber auf der anderen Seite immer weniger Arbeit eingesetzt wird, dann muss das Verhältnis Mehrwert (bzw. Profit) zu Kapital abnehmen. Die Profitrate sinkt. Dem Kapitalismus droht Stagnation, immer wieder verbunden mit Absturz in Krisen.

Der Konkurrenzkampf wird schärfer, die Unternehmen rufen den Staat zu Hilfe. Große Konzerne können Hilfe vom Staat erpressen, indem sie mit der Entlassung vieler Beschäftigter drohen oder damit, dass ihre Pleite viele kleine Unternehmen mit in den Untergang reißt. Doch auch sie gehen gelegentlich pleite.

Der Staat pflegt den »Wettbewerb«

Auch die kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) rufen den Staat zur Hilfe. In günstigen Zeiten leistet sich der Staat tatsächlich eine »Mittelstandspolitik«, um die KMU über Wasser zu halten und sie als konservative Wählerschicht zu erhalten. Wie der Staat für »freien Wettbewerb« sorgt, kann man an der Privatisierung der Deutschen Bundespost sehen. Daraus entstanden zwei Konzerne, die Deutsche Post AG und die Deutsche Telekom AG. Von der Deutschen Post AG hält die staatliche Förderbank KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) 20,49 Prozent der Aktien. Von den Aktien der Deutschen Telekom hält die KfW 17,41 Prozent und die Bundesrepublik Deutschland 14,48 Prozent. Ganz gelungen ist die Privatisierung also nicht.

Zwar sind die Konzerne jetzt der Form nach privatisiert und kein staatliches Monopol mehr, aber bei »freiem Wettbewerb« hätten sie die Konkurrenz bald an die Wand gedrückt. Für »echten Wettbewerb« muss also eine staatliche Bundesnetzagentur sorgen. Diese macht den Konzernen Vorschriften, welche Preise sie verlangen dürfen, damit kleinere Wettbewerber eine Chance bekommen. Diese konkurrieren mit den Konzernen um die Gunst der Politik. Bei der Telekom hilft die Netzagentur den kleineren Konkurrenten sich zu behaupten, im Rahmen bestimmter prozentualer Marktanteile. Bei der Post wird hingegen geklagt, dass sie immer noch 85 Prozent aller Postsendungen abwickelt. Staatliche Institutionen wie das Kartellamt oder die Bundesnetzagentur streiten nun darum, wie hier mehr »Wettbewerb« verordnet werden kann. Die Monopolkommisson, deren Mitglieder von der Bundesregierung bestimmt werden, mischt mit. Ein wichtiger »Wettbewerbstreiber« ist einfach, dass die sozialen Standards der alten staatlichen Bundespost nicht mehr gelten, weder für die Konzerne noch für die kleineren »Wettbewerber«: »Wettbewerb« auf dem Rücken der Arbeiterklasse.

Die Bundesnetzagentur sorgt auch, wie das Handelsblatt berichtet, bei den Strom- und Gasnetzen für Wettbewerb. Sie will noch 2021 für die 900 Strom- und 700 Gasnetzbetreiber, darunter Energiegiganten wie Eon, die Profitrate (Eigenkapitalrendite) von 6,9 Prozent auf 4,59 Prozent absenken. (Während bei Marx die Profitrate tendenziell fällt, wird ihr Fall in Deutschland verordnet.) Netzagentur-Präsident Jochen Homann rechnet spitz vor: 0,74 Prozent gäbe es derzeit auf längerlaufende Zinspapiere. Außerdem wird den Firmen ein »Wagniszuschlag« von 3,0 Prozent gegönnt. Darauf dann noch Körperschaftssteuer und Solidaritätszuschlag von insgesamt 22,6 Prozent ergibt eine zulässige Profitrate vor Steuern von 4,59 Prozent. Hintergrund für diese Absenkung ist, dass Strompreise »auch vom Mittelstand« bezahlt werden müssten, so Homann. Es gilt also monopolistischen Exzessen zu wehren. Die Netz-Lobby hält dagegen. Es kam aber schon in der Vergangenheit zu solchen Absenkungen.

Arbeiterklasse gegen Kapital, großes wie kleines

Die kleinen »Wettbewerber« können sich jedoch auf die staatlichen Schutzschirme nicht verlassen. Verschärft sich die Konkurrenz auf dem Weltmarkt, etwa wegen gesunkener Profitraten, dann verschärft sich auch die Konkurrenz zwischen großem und kleinen Kapital, auch im Kampf um Staatshilfe. Im Kampf um den Profit ist der gemeinsame Feind der Kapitalistenklasse letztlich der Sozialstaat und die Gewerkschaften. Die Konzerne schicken dann im Klassenkampf gegen die Arbeiterklasse gerne die KMU vor. Diese fühlen sich besonders bedroht und versuchen den Konkurrenzdruck an ihre Beschäftigten weiter zu geben. In Tarifverhandlungen drängen vor allem sie auf Abschlüsse zu Lasten der Beschäftigten.

Den Konzernen fällt es dann umso leichter, sich mit übertariflichen Leistungen nach oben abzusetzen. Das machen sie nicht aus Menschenliebe, sondern weil sie so ein besseres Betriebsklima erhalten wollen. Das ist für sie ein Wettbewerbsvorteil. Im Unterschied zu den KMU haben sie mehr Mittel, um in dieses Betriebsklima zu investieren. So ergab eine Studie der Hamburger Vergütungsberatung PMSG, dass Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten im Schnitt doppelt so hohe Löhne zahlen wie kleine Firmen mit bis zu 20 Beschäftigten. Große Firmen schneiden auch besser ab, was Arbeitnehmervertretung oder Weiterbildungsprogramme für Beschäftigte betrifft.

Bei Marx stehen nicht die KMU, sondern die Arbeiter:innen als Quelle des Mehrwerts im Zentrum des Kapitalismus. Das Kapital ist auf die Arbeiterklasse als Gegenstand der Ausbeutung und als Quelle des Mehrwerts angewiesen, nicht auf die kleinen Kapitalist:innen.

Indem Arbeiter:innen die Konkurrenz untereinander überwinden, indem sie sich in Gewerkschaften und politisch organisieren, können sie zunächst bessere Arbeitsbedingungen erkämpfen, schließlich aber auch das Kapital stürzen, sich selbst die Produktionsmittel aneignen und als »assoziierte Produzenten« (Marx) selbst die Wirtschaft bestimmen.

Was tun, nach Sahra Wagenknecht?

Sahra Wagenknecht ist gegen die Konzerne, weil sie den freien Wettbewerb stören würden. Außerdem reden bei Konzernen in der Regel »externe« Kapitalist:innen mit. Diese hätten aber in einem Unternehmen nichts zu suchen, denn solche Externe würden, weil dem Unternehmen fremd, »nachlässig, schlampig oder einfach schlecht« arbeiten.

Wagenknecht legt einen Wunschkatalog vor, was an die Stelle der Konzerne treten könnte. Sie sieht ein, dass die kleinen Unternehmen nicht die großen Konzerne ersetzen können. Sie ist weiter für Großunternehmen, in denen aber die Beschäftigten mitbestimmen sollen. Auch soll der Staat, je nach Betroffenheit, auf den Ebenen Bund, Länder und Gemeinden in die Geschäftsführungen eingreifen, vor allem, wenn er sowieso schon mit Geld aushelfen muss. Sahra Wagenknecht scheint nicht aufzufallen, dass das dann eher mit – zu diskutierenden – Vorschlägen für einen Sozialismus, wenig jedoch mit »freiem Wettbewerb« zu tun hat. Sie träumt jetzt »perspektivisch« davon, den Kapitalismus vielleicht einmal zu überwinden.

Gegen »Kosmopolitismus«

Doch bis es soweit ist, setzt Wagenknecht auf den bürgerlichen Staat. Eine linke Regierung könne Erfolge nur im Rahmen des Nationalstaates durchsetzen. Einheimische Arbeitsplätze seien durch protektionistische Maßnahmen gegen ausländische Konzerne, ob aus den USA oder aus China, zu schützen. Sie will verhindern, dass Konzerne mit zugewanderten ausländischen Arbeitskräften das deutsche Lohnniveau kaputt machen und den Sozialstaat aushebeln. Zuwanderung müsse kontrolliert werden, ohne dass man deswegen gleich als »Rassist« beschimpft werde, so Wagenknecht.

Von »entfesselten globalen Märkten« würden die Konzerne profitieren, aber auch die diesen zuarbeitende »neue akademische Mittelschicht«. Diese verkaufe ihren Egoismus als »Internationalismus«, weil eine internationale Ausbildung gepaart mit »Weltbürgertum« Grundlage für ihre Stellung sei. Diese »Lifestyle-Linken« würden sich lieber um »Nebenwidersprüche« kümmern als um die wirklich bedürftigen Malocher. Sie hätten die Linke gekapert und die »Arbeiterschaft« verraten.

Folgerichtig wendet sich Sahra Wagenknecht gegen diese »Kosmopoliten«. Der Nationalstaat müsse seine Schutzfunktion wieder gegenüber »den eigenen Staatsbürgern« erfüllen. Sie fordert »starke nationale Solidarsysteme«, die »dem Schutz der heimischen Arbeitnehmer, der heimischen Verbraucher oder auch der heimischen Mieter dienen« (Hervorhebung im Original). Es sei »normales und legitimes menschliches Verhalten«, sich mehr um »Nahestehende als um Fernstehende zu kümmern«.

Letztlich ginge es darum, dass eine im Sinne Wagenknechts vernünftige LINKE gewählt werde und die Regierung stelle. »Arbeiter« (Wagenknecht verzichtet mit Rücksicht auf die »Arbeiter«, wie sie sie sieht, aufs Gendern) erscheinen in ihrem Weltbild nur als Wahlvolk, das für die LINKE zurück an die Wahlurnen gewonnen werden muss. Sie will aber mit ihrem Buch auch die »klassische Mittelschicht« (kleine und mittlere Unternehmen und Handwerkerbetriebe) erreichen, also auch eine Wählerschaft ansprechen, die der Linken sonst eher fern steht. Dieser versucht sie mit ihren bürgerlichen Argumenten die Angst vor linker Politik zu nehmen.

Kritik an Sahra Wagenknechts ökonomischem Denken

Den »enthemmten globalen Kapitalismus« und die »entfesselten globalen Märkte« sieht Sahra Wagenknecht als Folge falscher Entscheidungen der falschen Leute. Ohne marxistische Theorie erkennt Wagenknecht nicht, wie Kapitalismus und Konkurrenz funktionieren. Tatsächlich sind Staat und Kapital dem von ihr sonst so gelobten »Wettbewerb«, der Konkurrenz auf dem Weltmarkt, ausgesetzt. Die von ihr kritisierte neoliberale Politik gegen Löhne und Sozialstaat sind bürgerliche Antworten auf die Weltmarktkonkurrenz und den Fall der Profitrate.

Nicht die Zentralbanken sind »schuld« daran, dass es auf das Sparkonto keine Zinsen mehr gibt, sondern die inzwischen weltweit niedrigen Profitraten. Die Profitraten sind dabei nicht deshalb so niedrig, weil die Löhne so üppig sind, sondern weil die Kapitalist:innen immer teurere Maschinen einsetzen müssen, um sich im Konkurrenzkampf gegen andere Kapitalist:innen zu behaupten. Deshalb können Konzerne auf Kredite keine hohen Zinsen mehr zahlen und die Banken den Sparer:innen keine hohen Zinsen mehr bieten.

Marx & Engels: »Die Arbeiterklasse hat kein Vaterland«

Nach Marx kann nur die Arbeiterklasse, das Objekt kapitalistischer Ausbeutung, durch gemeinsamen Kampf und Organisation den Kapitalismus überwinden. Gemeinsam heißt hier, sich nicht nach »Rasse«, »Volk«, »Nation«, Geschlecht oder sexueller Orientierung spalten zu lassen. Die Arbeiter:innen haben kein Vaterland, schreiben Marx und Engels im Kommunistischen Manifest. Die KMU hingegen können nur überleben, wenn sie wie die Konzerne die Arbeiter:innen ausbeuten können. Ihre Interessen sind also gegen die Arbeiterklasse gerichtet.

Auch aus marxistischer Sicht beginnt der Kampf um bessere Lebensbedingungen umständehalber oft innerhalb eines Nationalstaates. Dazu gehört der Kampf gegen die Diskriminierung etwa von Arbeiter:innen aus anderen Ländern. Es geht nicht um die Kontrolle der Zuwanderung, sondern um gleiche politische und soziale Rechte für alle. In Deutschland können die Arbeiter:innen ihren Brüdern und Schwestern, wie man früher sagte, dadurch helfen, dass sie gegen das Kapital einen Kampf um höhere Löhne und besseren Sozialstaat führen. Dies schwächt den Konkurrenzdruck auf die Arbeiter:innen in den anderen Ländern ab und stärkt so deren Kampffähigkeit. Dafür muss sich die LINKE einsetzen.


Titelbild: Foto-AG Gymnasium Melle & John Jabez Edwin Mayal