80 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz leben wir wieder in sehr bedrohlichen Zeiten. Von Gerrit Peters.
Heute, auf den Tag genau 80 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee, am Holocaust-Gedenktag, gedenken wir der 6 Millionen Jüdinnen und Juden, den 7 Millionen sowjetischer und 1,8 Millionen polnischer Zivilist:innen, den bis zu 500.000 Sinti und Roma (nach Schätzungen) und anderer Opfergruppen, die dem faschistischen Terror der Nazis zum Opfer gefallen sind. Insgesamt starben über 60 Millionen Menschen im Gemetzel des Zweiten Weltkriegs.
Die rechte Gefahr 80 Jahre nach Auschwitz
Allem Gedenken an die vielen Opfer und der Mahnung, dass Auschwitz nie wieder sei, zum Trotz leben wir aktuell wieder in sehr bedrohlichen Zeiten. Das politisch Sag- und Machbare verschiebt sich stetig weiter nach rechts. Dafür gibt es viele Beispiele, wie die Wahl von Donald Trump, der als allererste Amtshandlung 1.500 Menschen (darunter Mitglieder der rechtsradikalen »Proud Boys« und »Oath Keepers«) begnadigte, die am 6. Januar 2021 das US-Kapitol gestürmt hatten. Aber auch Elon Musk, der Trumps Amtseinführung mit einem Hitlergruß feiert und offen die faschistische AfD unterstützt. Und eine Presselandschaft, die Musks Hitlergruß als römischen Gruß oder die euphorische Geste eines Autisten verharmlost.
Die von Musk geförderte AfD gewinnt immer weiter an Zustimmung und steht in den neuesten Wahlumfragen bei 21 Prozent. Bei ihrem Parteitag in Riesa am 11. Januar konnte der völkisch-nationalistische Flügel um ihren inoffiziellen Führer, den Nazi Björn Höcke, ohne Gegenwehr alle Themenfelder bestimmen. Der Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, will einen Vorschlag zur Verschärfung der Asylpolitik in den Bundestag einbringen und nimmt dabei eine Zusammenarbeit mit der AfD billigend in Kauf.
Vorboten des Straßenterrors
Menschen trauen sich nicht mehr, auf Protesten gegen die AfD offen als Redner:innen aufzutreten, weil sie Angst vor Gewalt durch Nazis haben. Menschen mit ausländisch klingendem Namen haben »Abschiebe-Tickets« im Briefkasten – eine Wahlkampfaktion der AfD und eine direkte Androhung ihrer Deportations-Phantasien. Das sind nicht nur die Vorboten des faschistischen Straßenterrors, den Björn Höcke als eine der drei Säulen für den Erfolg der AfD ausruft, das sind bereits die konkreten Anfänge dieser Bewegung. Und Höcke ruft diese Strategie nicht nur abstrakt aus, die AfD plant auch ganz unmittelbar dafür. Einige Abgeordnete trafen sich im Dezember in der Schweiz mit Mitgliedern der militanten und in Deutschland verbotenen Nazi-Gruppe »Blood and Honour«.
Erich Kästner schrieb in Bezug auf die Entstehung des deutschen Faschismus: »Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf.« Die aktuellen Ereignisse zeigen: der Schneeball hat schon Fahrt aufgenommen. Es ist höchste Zeit ihm entschlossen zu begegnen und die Faschisten zu zerschlagen.
Von Gegenwehr zur Konfrontation
Die großen Demonstrationen gegen die AfD vom Wochenende mit Teilnehmerzahlen von 100.000 (Berlin) und 75.000 Menschen (Köln) zeigen, dass Bewusstsein in der Bevölkerung wächst, sich der AfD entgegenstellen. Genau das müssen wir aber nicht nur auf symbolischen Protesten kundtun, sondern auch ganz konkret machen. Wir müssen die AfD direkt auf der Straße konfrontieren. So wie es am vergangenen Samstag 9.000 Demonstrant:innen gegen eine zentrale AfD-Wahlkampfveranstaltung in Halle getan haben. Wie die über 16.000 Menschen bei einem Auftritt von AfD-Kanzlerkandidatin Weidel in Hamburg. Oder die Antifaschist:innen, die Björn Höcke durch eine Menschenkette am Ablegen eines Kranzes in Aschaffenburg gehindert haben.
Es ist entscheidend, dass dabei alle antifaschistischen Gruppen und Parteien von der SPD über Gewerkschaften bis in zu Revolutionär:innen zusammenarbeiten. Nur diese politische und gesellschaftliche Bandbreite kann verhindern, dass die Polizei unter dem Vorwand der »Demokratie« den Nazis den Weg freiknüppelt wie in Hamburg. Wenn die Nazis erst die Kontrolle über den Staat haben, zerschlagen sie alle Organisationen, die ihnen Widerstand leisten können und ermorden ihre Mitglieder. Die organisierte Arbeiter:innenklasse, die sich ab 1933 in den Folterkellern und Konzentrationslagern wiederfand, war die einzige Kraft, die den späteren Massenmord in Auschwitz und anderswo hätte verhindern können.
Darum: Werdet jetzt aktiv in Bündnissen wie Aufstehen gegen Rassismus oder den Studis gegen Rechts, um Euch lokal gegen die AfD zu organisieren und ihnen – immer und überall – entschlossen entgegentreten zu können. Egal ob in durchorganisierten Massenmobilisierungen, wie in Riesa, oder bei spontanen Aktionen wie in Friedrichshagen.
Nur zusammen können wir es schaffen: Alle zusammen gegen den Faschismus!
Titelbild: Jacek7770, Lizenz: CC BY-SA 4.0